Welche Erwartungen hat die Türkei an den BRICS-Gipfel? Steht die Mitgliedschaft auf der Tagesordnung?
Präsident Recep Tayyip Erdoğan wird heute am BRICS-Gipfel in Kasan, Russland, teilnehmen.
Es wird erwartet, dass die Türkei an der Spitze die von ihr angestrebte „Ausgleichspolitik“ zwischen West und Ost hervorheben und ihre Absicht konkretisieren wird, ihre Beziehungen zu den BRICS-Staaten zu verbessern.
Es wird erwartet, dass bilaterale Interessen, insbesondere Wirtschaft, Handel und Macht, beim Treffen zwischen Erdoğan und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der Tagesordnung stehen werden.
Der BRICS-Gipfel hat gestern begonnen.
Die Entscheidungen werden mit einer gemeinsamen Erklärung der Öffentlichkeit bekannt gegeben.
Der Gipfel endet mit Putins Pressekonferenz am Donnerstag.
Wer nimmt am Gipfel teil?
An dem Gipfel nehmen die Mitgliedsländer Russland, China, Brasilien, Indien, Südafrika, Iran, Äthiopien, Vereinigte Arabische Emirate, Saudi-Arabien und Ägypten teil.
Zu den Präsidenten, die in Kasan erscheinen werden, gehören der russische Präsident Wladimir Putin, der chinesische Präsident Xi Jinping und der indische Premierminister Narendra Modi.
Nach Angaben russischer Beamter werden an dem Gipfel Vertreter von 36 Ländern und sechs internationalen Organisationen teilnehmen.
Darunter sind auch Länder wie Türkiye, die an einer Kandidatur interessiert sind.
Es wird betont, dass es sich bei dem Gipfel um das höchste internationale Treffen auf russischem Boden seit Februar 2022 handelt, als Russlands Versuch einer Invasion in der Ukraine begann.
Es wird gewertet, dass Putin damit auf die Isolation des Westens reagiert.
Zu den wichtigsten Tagesordnungspunkten des Gipfels gehört die Entwicklung eines Zahlungssystems zwischen den BRICS-Staaten.
Dieser Schritt zielt darauf ab, eine Alternative zum internationalen Finanznetzwerk namens SWIFT zu entwickeln.
Russland wurde nach Beginn des Ukraine-Krieges aus dem SWIFT-System entfernt. Dies führte zu Zahlungsschwierigkeiten und verheerenden Schäden in den Handelsbeziehungen des Landes.
Wird Türkiye Mitglied?
In einer Rede am 22. Oktober sagte Präsident Erdoğan: „Als Türkei wollen wir unsere Zusammenarbeit mit den BRICS-Staaten ernsthaft weiterentwickeln. Ich hoffe, dass der Gipfel in Kasan dazu förderlich sein wird.“
Der Gipfel, an dem Erdoğan mit einer großen Delegation teilnehmen wird, ist für Türkiye in mehrfacher Hinsicht wichtig.
Die Türkei bekundete ihr Interesse an einer BRICS-Mitgliedschaft und beantragte den Beitritt zum Cluster, obwohl dies von offiziellen Quellen nicht angekündigt wurde.
Auch Außenminister Hakan Fidan brachte diese Absicht Ankaras bei seinen Besuchen in China und Russland konkret zum Ausdruck.
Russland, das den rotierenden Vorsitz der BRICS innehat, erklärte jedoch, dass es auf dem Gipfel in Kasan keine expansiven Schritte geben werde.
Moskau wies darauf hin, dass die Organisation Zeit brauche, um die neuen Mitglieder, die sie am 1. Januar aufgenommen habe, zu verarbeiten.
Es wird erwartet, dass auf dem Gipfel ein Mechanismus namens Affiliate-Status anstelle einer neuen Mitgliedschaft vorgeschlagen wird.
Von Präsident Erdoğan wird außerdem erwartet, dass er auf dem Gipfel die Entschlossenheit der Türkei zur Zusammenarbeit mit den BRICS-Staaten bekräftigt und erklärt, dass er in engem Dialog mit den aufstrebenden Mächten des Ostens stehen möchte, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu diversifizieren.
Die Türkei betont, dass die Zusammenarbeit mit BRICS eine Ergänzung und keine Alternative zum Zollunionabkommen mit der Europäischen Union (EU) sei.
Ankara weist darauf hin, dass es seine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt, indem es sich an vielen verschiedenen internationalen Organisationen beteiligt.
Ankaras China-Agenda
Zu den Einschätzungen gehört, dass die Türkei beabsichtigt, ihren BRICS-Platz im Hinblick auf bilaterale Wirtschaftsbeziehungen mit China zu nutzen.
Neben Außenminister Fidan besuchte kürzlich auch der Minister für Energie und natürliche Ressourcen Alparslan Bayraktar China.
Bei Bayraktars Besuch stand die Zusammenarbeit insbesondere im Energiebereich auf der Tagesordnung.
Es heißt, Präsident Erdoğan wolle einen offiziellen Besuch in China abstatten und auch eine Einladung von Xi Jinping in die Türkei stehe auf der Tagesordnung.
Es wird erwartet, dass Erdoğan während des Gipfels bilaterale Treffen mit verschiedenen Staats- und Regierungschefs abhält.
Es ist derzeit nicht klar, ob Xi Jinping zu diesen Führern gehört.
Persönliches Treffen mit Putin
Ein weiteres wichtiges Thema des Kasaner Gipfels für Türkiye ist das bilaterale Treffen zwischen Erdogan und Putin.
Die beiden Staats- und Regierungschefs werden sich zum ersten Mal seit dem 24. Juli wieder persönlich treffen.
Juri Uschakow, einer von Putins außenpolitischen Beratern, sagte Reportern am 21. Oktober, dass die beiden Staats- und Regierungschefs die Frage der Machtkooperation in Kasan besprechen würden.
Uschakow betonte, dass in diesem Zusammenhang das von Putin in den vergangenen Jahren vorgeschlagene Projekt zur Errichtung eines Erdgaskraftwerks in der Türkei diskutiert werde.
In der Erklärung des Kremls wurde darauf hingewiesen, dass bei den Gesprächen über Handelsbeziehungen gesprochen werde und der Schwerpunkt auf einer weiteren Erhöhung des Volumens liegen werde, das im Jahr 2023 55,4 Milliarden Dollar erreicht habe.
Regionale Fragen sowie bilaterale Interessen werden beim Erdogan-Putin-Treffen einen wichtigen Platz einnehmen.
Während Ankara mit einem dauerhaften Abkommen ein Ende des russisch-ukrainischen Krieges fordert, versucht es gleichzeitig, sich für die Sicherheit der Schifffahrt im Schwarzen Meer einzusetzen.
Türkiye, das zwischen 2022 und 2023 die mit den Vereinten Nationen (UN) betriebene Schwarzmeer-Getreideinitiative wiederbeleben will, steht zu diesem Thema mit beiden Parteien und UN-Generalsekretär Antonio Guterres in Kontakt.
Die Tatsache, dass Guterres am Gipfel in Kasan teilnehmen wird, wird als Gelegenheit gesehen, dieses Problem anzusprechen.
Auf dem Gipfel wird erwartet, dass die ständig zunehmenden Spannungen im Nahen Osten diskutiert werden und Präsident Erdoğan seinen Gesprächspartnern die Situation der Türkei zu diesem Thema mitteilen wird.
T24